Allgemein, Social Media, StreetArt

Alles Vandalismus! Oder?

„Vandalismus, purer Vandalismus – und das finden Sie gut?“
So fragte mich mit hochrotem Gesicht neulich ein Bauarbeiter, als ich durch unwegsames Gelände und zwischen verfallenen Gebäuden herumlief, das Handy gezückt, auf der Suche danach:

 

Vandalismus – laut Duden „blinde Zerstörungswut“. Ist es das? Ich denke nicht. Mich hat der StreetArt-Virus gepackt.

Mitte Juni hatte ich das Glück, an einer exklusiven Blogger- und SocialMedia-Tour im Rahmen der Magic-City-Ausstellung in der Münchner Olympiahalle teilzunehmen. Durchgeführt wurde sie von dem StreetArt-Experten Martin Arz. An dieser Stelle nochmal Dank an alle Beteiligten!
Mich haben die bunten Bilder, die man überall in den Städten findet, seit jeher fasziniert. Und auf dieser Tour habe ich endlich etwas über die Hintergründe dieser unkonventionellen Kunst erfahren.

Schon gewusst? München gilt als eine Geburtsstadt der StreetArt in den 1970er und 80er Jahren. 1985 wurde hier von jungen Künstlern in Geltendorf der erste WholeTrain in Europa gesprayt – eine Nacht- und Nebelaktion, bei der eine ganze S-Bahn verziert wurde. Zu den damaligen Sprayern gehörte unter anderem Loomit, der auch heute noch in München und auch in der Ausstellung aktiv ist.
Gerade ganz aktuell erst hat er mit Won ABC das große Georg-Elser-Mural an der Bayerstraße gestaltet (hier gibt’s mehr dazu)

Die StreetArt ist also längst auch schon im Bereich der legalen Gestaltung angekommen und mit der Magic-City-Ausstellung oder dem MUCA – dem Museum of Urban and Contemporary Art – bekommt sie nun auch endlich eine Würdigung, denn es ist eben nicht Vandalismus, sondern freie Kunst!

Unsere Radltour auf den Spuren der Münchener StreetArt startete am Friedensengel, führte an der Isar entlang bis zum Viehhof. Dort und an der Tumblinger Straße ist heute ein zentraler HotSpot der Graffiti-Szene. Wer sich einmal selbst versuchen will – an der Tumblinger Straße darf jeder ganz offiziell und legal zur Sprühdose greifen und sich austoben!

StreetArt ist vergängliche Kunst. Sie ist open air, der Witterung ausgesetzt, wird leider aber auch oft bewusst zerstört oder übersprüht. Deswegen Augen auf wenn man ein schönes Motiv sieht – es könnte bald schon wieder verschwunden sein, dafür tauchen aber auch neue auf!

Da Bilder mehr als Worte sagen, hier eine kleine Auswahl unserer Tour:

Nach der Tour im öffentlichen Raum ging es dann noch in die Ausstellung in der Olympiahalle. Alle hier ausgestellten Werke sind speziell für die Ausstellung geschaffen, um trotzdem das Straßengefühl zu haben, wurde ein Soundtrack mit Stadtgeräuschen komponiert.
Auch hier ein kleiner Überblick:

 

Zum Schluss noch ein kleines Glossar:

Mural – ein wandgroßes Graffito
Tag – eine Reviermarkierung
Stencil – ein mit Schablone erstelltes Graffito
PaperArt – Graffito wird auf Papier vorgemalt und dann wie ein Plakat geklebt
Crossen – bewusstes Übermalen / Zerstören eines Bildes

 

Und wer jetzt Lust bekommen hat, der

  • geht in die Ausstellung Magic City (nur noch bis 3. September!)
  • macht selber eine Graffiti-Tour durch München mit – buchbar bei der München-Safari
  • schaut sich die Ausstellung am Kulturstrand an
  • sucht die HotSpots auf, z.B. das Werksviertel am Ostbahnhof oder das Olympiadorf
  • hält einfach die Augen auf und freut sich über etwas Kreativität und Farbe im Alltag!

 

Und jetzt seid ihr gefragt – StreetArt: Kunst oder Vandalismus? Ich freue mich über eure Rückmeldungen! 🙂

Allgemein, Kinder, Museum, Museumspädagogik

Grimms Märchen? Nicht für Kinder… – Unser Besuch in der Grimmwelt Kassel

In dieser Woche bin ich mit Mann und Kind im Osterurlaub – zu Besuch bei der Familie in Kassel! Kassel ist ja seit jeher eine Museumsstadt und nicht zuletzt hat hier mit der Arbeit im Planetarium im Astronomisch-Physikalischen Kabinett und dem Praktikum in der Antikensammlung meine Museumskarriere begonnen!

Im letzten Jahr hat nun mit der Grimmwelt Kassel ein neues Museum eröffnet. Bis 2014 war das Brüder-Grimm-Museum im Palais Bellevue untergebracht, Neubau und Neukonzeption waren lange schon in Planung – ein Besuch des neuen Museums stand also für unseren Osterurlaub an oberster Stelle, zumal ich viel Lob über das Museum gehört hatte, die Architektur des Baus wurde mehrfach ausgezeichnet und nicht zuletzt liegt der Bau direkt gegenüber meiner ehemaligen Schule 😉

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Selbstverständnis der Grimmwelt Kassel

Das alte Brüder-Grimm-Museum hatte einen ganz eigenen, urigen Charme. Untergebracht im historischen Gebäude, ausgestattet mit Originalmöbeln und Dokumenten – einen Eindruck aus dem alten Haus kann man sich auf den Seiten der Brüder-Grimm-Gesellschaft verschaffen: Virtuelles Museum. Das neue wirkt schon von außen sehr modern. Der Bau ist toll, sehr beeindruckend, und fügt sich wunderbar in die Landschaft ein, wenn man von der Frankfurter Straße her auf den Weinberg schaut.
Die Neukonzeption des Museums orientiert sich nach Stichworten aus dem Deutschen Wörterbuch – anhand von insgesamt 25 Buchstaben wird der Besucher durch die Ausstellung geleitet. Insgesamt ist die Ausstellung in drei Themenbereiche gegliedert. Diese Konzeption wird dem Besucher gleich zu Beginn des Rundganges mitgeteilt und taucht auch in den Flyern auf.

Zusammengefasst und vorweg – mich hat der gesamte Besuch sehr enttäuscht. Meine Erwartungen an das Museum wurden in keinster Weise erfüllt. Ausgenommen davon die wirklich beeindruckende Architektur des Hauses – von außen, in Teilen auch von innen. Das macht schon wirklich etwas her, aber ein Museum lebt nicht vom Gebäude alleine und an der didaktischen Umsetzung des ganzen hapert es meiner Meinung nach leider gewaltig.

Da steht gleich zu Beginn einmal der Preis. 8 € Eintritt in die Dauerausstellung, noch einmal 5 € zusätzlich für die Sonderausstellung (die haben wir uns nicht angeschaut…), Kinder ab 6 Jahren kosten 6 € Eintritt. Immerhin gibt es eine Familienkarte für 20 €, aber trotzdem, ich finde die Preise ziemlich happig. Einen Tag mit verbilligtem Eintritt gibt es leider nicht, wobei das in allen Kasseler Museen so zu sein scheint. Vielleicht wäre das einmal eine Überlegung wert, so etwas einzuführen?

Es gibt eine App zur Ausstellung, die auch auf Leihgeräten mitnehmbar ist. An der Kasse wurden wir allerdings weder auf das eine, noch auf das andere hingewiesen. Ich habe mir die App im Nachgang aufs Handy heruntergeladen und festgestellt, daß sie nicht sehr hilfreich gewesen wäre. Nach einer kurzen gesprochenen Einleitung hat man die Übersicht über die 25 Stichworte zusammen mit einer kurzen Erklärung, die vermutlich in etwa dem Text in der Ausstellung entspricht. Kein Überblick über die Ausstellung, kein Grundrißplan oder Rundweg, keine tiefergehenden Informationen. Teile der Webseite mit Besuchsinformationen finden sich ebenfalls, allerdings läuft die App auch nicht stabil und muß immer wieder neu gestartet werden. Das hätte man sich auch schenken können. Positiv herauszustellen ist, daß es die App in verschiedenen Sprachen und auch in Blindendeskription und Gebärdensprache gibt – das ist wirklich toll!

Rundgangs-Flyer der Grimmwelt
Rundgangs-Flyer der Grimmwelt

Der Rundgang in der Ausstellung ist wie schon erwähnt nach Buchstaben / Stichworten geordnet, im Flyer auch wunderbar alphabetisch aufgelistet. Leider ist der Rundgang dann nicht alphabetisch, sondern von den Buchstaben her vollkommen willkürlich und beginnt auch noch bei „Z“. Nicht nur, daß man zunächst denkt, man wäre am Ende und sucht dann das „A“ (das es nicht gibt), auch sonst erschließt sich der Rundgang im Museum in keinster Art und Weise, so daß wir dann doch etwas ziellos durch die Ausstellung gegangen sind.

Der Rundgang selber beginnt mit der Arbeit der Grimms am Deutschen Wörterbuch – sicher von wissenschaftlicher Seite her ihr bedeutendstes Werk, aber leider sind sie nun vor allem für ihre Märchen bekannt. Die kommen erst relativ spät, ab dem Buchstaben „K“. Wir haben uns mit dem Kind (zur Orientierung, er ist fast 8 und durchaus museumserfahren) durch den Bereich Wörterbuch und Sprache – ja, leider – gequält. Die gesamte Ausstellung ist sehr sehr textreich, es gibt unglaublich viel zu lesen, aber leider nichts für Kinder. Das einzige, was er toll fand, war der Schimpfwort-Trichter – in den man ein Schimpfwort hineinrufen konnte und dann mit einem aus Grimms Zeiten bedacht wurde. Sicherlich spaßig, pädagogisch wertvoll? Nunja. Es gab eine Station, wo man neue Worte eintragen konnte. Sohnemann war nicht der einzige, der dort GRDDSDNNIKMLW eingetippt hat.

Schon hier in dem Bereich ist mir aufgefallen, daß alles sehr künstlerisch aufgebaut ist. Somit ist es optisch durchaus ansprechend, oftmals fehlt aber der inhaltliche Bezug oder es wirkt sogar überkünstelt, wenn man Märchentexte, die übereinander auf farbige Wände geschrieben sind, mit jeweils einer roten oder blauen Brille lesen kann (funktioniert auch nur eingeschränkt).

Was mir fehlt, war der rote Faden, der durch die Ausstellung führt, der einen von einem Punkt zum anderen begleitet und auch weiterleitet. Mich hat dort nichts wirklich gefesselt oder angeregt, mich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Die Masse an Texten und Informationen hat mich schier erschlagen, andererseits standen manche Dinge recht lieblos und beliebig in der Gegend herum, ohne das ihnen ein Bezug gegeben wurde.

Ein Anspruch des Museums war es, kein Disneyland zu sein. Das haben sie erreicht und sind dabei leider auch weit über das Ziel herausgeschossen. Der Bereich der Märchen, die ja nun gerade der Bereich sind, mit dem man Kinder an die Welt der Grimms heranführen könnte, sind derart künstlerisch und wieder ohne Zusammenhang dargestellt, daß man spätestens jetzt jegliche Lust verliert. Ein nachgebauter Wald aus grünen Riesenborsten mit roten Lautsprechern, aus denen Wortfetzen dringen. Mitten im Wald eine Holzleiste, die zu einem Spiegel führt. Stellt man sich davor, bekommt man diverse Leute als Projektion im Spiegel gezeigt, die sich über Schönheit auslassen. Eine Sitzbank, auf die man sich niederlassen kann und dann selber in ein Diorama hineinprojiziert wird, wo sieben ziemlich alberne Zwerge hineintanzen. Ein kleiner Filmraum, wo Rumpelstilzchen von verschiedenen Personen erzählt wird, leider immer wieder auch durch fremdsprachliche Einschübe unterbrochen, so daß man total den Faden verliert. Ein steriles weißes Häuschen, in dem ein halbrunder Lederball ist, den man schubsen kann. Es erklingt Geschrei. Soll wohl die Hexe von Hänsel und Gretel sein, die man ins Feuer schiebt. Ein weiters Häuschen mit der Projektion der Großmutter auf einem Bett, die sich dann in den Wolf verwandelt. Beängstigend. Ein Kinosaal, wo frei zusammengestellt Ausschnitte moderner Märchenverfilmungen zu sehen sind, mehrere nebeneinander und immer wieder wechselnd. Das alles diesmal OHNE große Erklärungen. Sehr künstlerisch, sehr sinnfrei und in keinster Weise kindgerecht oder auch für Erwachsene interessant.

Nach diesem so enttäuschenden Teil habe ich schon fast aufgegeben. Durch den Rest bin ich nur noch durchgeschlendert. Ging um die Grimmsche Familie, das politische Engagement und zum Schluß wurden noch ein paar Möbel gezeigt. Nicht schön arrangiert, sondern zusammengepresst in einer Vitrine daß es aussah, wie eine bessere Rumpelkammer. Schade!

Würde man sich mit dem Wirken der Grimms auf wissenschaftliche Weise auseinandersetzen wollen, hätte man sich vielleicht auch schon mit ihnen beschäftigt und würde sich viel, viel Zeit und Geduld mitnehmen, dann wäre das Museum eventuell interessant. Für den Museumsbesucher wie mich, der begeistert werden möchte für ein Thema, der entdecken und staunen und ja, auch unterhalten werden will, ist dieses Museum leider nichts. Und auch Kinder und Jugendliche wird man so nicht für die Märchen und nicht für das andere, durchaus bedeutende Wirken der Brüder Grimm begeistern können. Das ist sehr schade, denn gerade mit den Märchen hätte man doch einen wunderbaren Bezug zur Lebenswelt der Kinder und könnte sie ausgehend davon mit der Person der Grimms und der Entstehung der Märchen in Kontakt bringen. Dazu aber müsste man etwas vom hohen Roß der künstlerischen Vermittlung herunterkommen und vielleicht doch ein klein wenig inszenieren und disney-isieren, um den Zauber der Märchenwelt einzufangen. Denn gerade die Kinder sind es doch, die wir als Museumsmacher haben wollen. Gerade die Kinder, wollen wir doch nicht mit einer langweiligen, hochmodernen Darstellung von der Institution Museum abschrecken. Die Kinder sind unsere zukünftigen Besucher und die wollen wir doch haben!

Also, liebe Grimmwelt – da ist noch viel zu tun. Apps, Führungen und künstlerische Installationen reichen da leider nicht aus. Was macht eigentlich eure Museumspädagogik? Bietet ihr Ferienaktionen an? Kindergeburtstage? Ich habe bisher auch da nur stylishe Events mit Feierabendgetränk gefunden aber nichts „Handfestes“. Wirklich schade.

Ein paar weitere Eindrücke in Bildern (und nicht wundern, wenn da ein Yoshi auf dem Bild ist…er begleitet uns öfters durch Museen):

Das war mein Eindruck.

War denn jemand von meinen geneigten Lesern schon in der Grimmwelt in Kassel? Wie seht ihr das Museum?

Allgemein, Ägyptologie, Kinder, Museum, Museumspädagogik

Mumien-Pornographie?

Es ist schon einige Jahre her, da prägte Prof. Dietrich Wildung, damals noch Leiter des Ägyptischen Museums in Berlin, anlässlich einer Mumien-Ausstellung in Mannheim das Wort „Mumien-Pornographie“. Das Interview kann noch bei Deutschlandradio Kultur nachgelesen werden.

Daß ich jetzt wieder daran denken muß, liegt am Roemer-Pelizaeus-Museums Hildesheim, wo ab Februar die Ausstellung „Mumien der Welt“ zu sehen sein wird. Die Ausstellung wird medial reichhaltig begleitet, immer wieder stolpere ich bei Facebook über entsprechende Ankündigungen und Berichte. Neben Mumien aus aller Welt werden dort – natürlich – auch altägyptische Mumien gezeigt werden.

Ich bin keine Freundin der Mumienpräsentation und stimme mit Herrn Wildungs Ansicht überein – altägyptische Mumien sind nichts, was öffentlich gezeigt werden muß – davon abgesehen auch keine anderen Mumien oder sonstwie präparierte Körper, aber der Fall Altägypten ist ein ganz spezieller.

Wir haben im Museum natürlich auch immer wieder Kinder, die fragen „Habt ihr Mumien, ich will Mumien sehen!“ Eine gewisse Sensationsgier steckt schon hinter dieser Frage. Mein Papa war früher Polizist, da kam eine ganz ähnlich geartete Frage: „Hast Du eine Waffe? Hast Du damit schon mal jemanden erschossen?“ Tja, nun.
Wenn man bei unseren Museumskindern dann mal genauer nachfragt, was sie denn an den Mumien so spannend finden, kommt oft die Antwort: „Die sind so schön bunt.“ Das hat uns zunächst stutzig gemacht, denn Mumien sind, wie wir wissen, so gar nicht bunt, sondern eher braun-grau. Einiges Nachdenken hat uns dann dazu geführt, daß die Kinder nicht die Mumien, sondern die SÄRGE meinen – die sind in der Tat wunderschön und bunt bemalt!

Dezente Mumienpräsentation (c) Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Foto: M. Franke
Dezente Mumienpräsentation
(c) Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Foto: M. Franke

Auch in der neuen Dauerausstellung bei uns im Ägyptischen Museum in München verzichten wir auf die Präsentation von Mumien – wir erklären dies mit einer Fahne „Mumien-Tabu“. Eine Ausnahme machen wir mit unserer Kindermumie – zum einen, weil wir natürlich in Führungen über Mumien sprechen (müssen!) und ein Objekt als Anknüpfungspunkt ist immer gut. Zum anderen können wir das bei gerade dieser Mumie noch guten Gewissens tun, denn sie ist noch vollständig eingewickelt und der Mensch darin nicht zu erkennen. Trotzdem, wenn man mit einer Gruppe Kinder vor dieser Mumie sitzt, und sie eben noch ganz begierig danach gefragt haben, sind sie nun ganz zurückhaltend. „Und da ist wirklich noch jemand drin?“, „Aber die ist doch nicht echt, oder?“ wird dann oft gefragt. Diese natürliche Scheu vor den Verstorbenen sollten wir uns auch als Erwachsene erhalten und nicht nach dem „wohligen Schaudern“ suchen. Wir sollten den Mumien mit Respekt gegenüber treten, sie nicht begaffen, sondern ihre Würde bewahren und vor allem nie vergessen: Es war einmal ein lebendiger Mensch, der da vor uns liegt, mit seinen ganz eigenen Ansichten, Träumen und Wünschen und ob dazu gehörte, Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende nach seinem Tod als Ausstellungsobjekt in einem Museum gezeigt zu werden, das wage ich zu bezweifeln.

Mumien-Tabu
Mumien-Tabu

Und damit sind wir auch gleich schon bei den altägyptischen Mumien. Wir sollten uns immer vor Augen führen, was die Mumie für den Ägypter bedeutet hat. Der künstlich haltbar gemachte Körper war nämlich sein Garant für das ewige Leben im Jenseits. Diese ewige jenseitige Existenz in den Gefilden der Seligen war an gewisse Bedingungen geknüpft.
Mit dem Tod, so glaubten die Ägypter, löste sich die Ba-Seele vom Körper. Der Körper blieb im Diesseits in seinem Grab zurück, der Ba ging ein ins Jenseits (sofern der verstorbene das Jenseitsgericht überstand, aber das ist eine andere Geschichte…). Das Paradies im jenseits war aber nicht ohne Tücken – man musste für seinen Lebensunterhalt sorgen und arbeiten! Um dem zu entgehen, oblag es den Hinterbliebenen, ihre verstorbenen Vorfahren im Jenseits zu versorgen. Dies geschah zunächst durch die Grabbeigaben, dann durch Opfer, die beim Besuch des Grabes mitgebracht wurden, später – wenn es keine Hinterbliebenen mehr gab – durch die Opferlisten und Darstellungen von Gütern auf den Grabwänden.
Die Seele musste zum Empfang dieser Opfer aber immer wieder in ihr Grab zurückkehren. Dies ging nur, solange dort noch der unversehrte Körper lag. Der Körper war für die Seele so etwas wie ein Leuchtturm, mit dem sie ihr Grab im Diesseits ausfindig machen konnte. Natürlich setzte man alles daran, den Körper so lange wie möglich haltbar zu machen – eben durch die Mumifizierung!

Die Ba-Seele, dargestellt als Vogel mit menschlichem Kopf
Die Ba-Seele, dargestellt als Vogel mit menschlichem Kopf

Wenn nun der Körper verging oder aus seinem Grab entfernt wurde, so fand die Seele ihr Grab nicht mehr und ihre ewige Existenz im Paradies war damit beendet.
Und nun schauen wir uns einmal um, wieviele altägyptische Mumien sich in den Museen der Welt befinden! Wusstest du, daß man aus Holzmangel in Ägypten mit den schönen trockenen Mumien die Eisenbahn angeheizt hat? Mumien wurden kleingemahlen und in Apotheken als Medizin verkauft! Aus kleingemahlenen Mumien hat man auch Malfarbe hergestellt. Im viktorianischen England lud man zur Teegesellschaft mit Höhepunkt der Auswicklung einer echten Mumie.

Jede dieser Mumien ist eine in Ewigkeit verdammte altägyptische Seele, der wir das Weiterleben im Jenseits genommen haben. Und nun viel Spaß beim Mumien-Gucken.

Die Würde eines Menschen ist unantastbar, auch und gerade nach seinem Tod.