Ägyptologie, Kinder, Museum, Museumspädagogik

Das Finale – Assuan, Tag 10

Heute war es soweit, der große Tag stand an – Kindertag im Nubischen Museum, gestaltet und durchgeführt von den Teilnehmern des „Museum Education“-Kurses, den ich in der vergangenen Woche an 5 Tagen gegeben habe.

Ich gebe zu, ein bisschen Bange war mir schon und ich habe auch in der vergangenen Nacht nicht besonders gut geschlafen. Würde alles klappen? Würden die angeschriebenen Schulen pünktlich ihre Kinder in vereinbarter Menge (50 Schüler) schicken? Was, wenn mehr kommen? Was, wenn keiner kommt? Reicht das vorbereitete Material (das kam alles von uns), hätten wir noch mehr Stifte, Kleber etc. kaufen sollen. Würden meine Kursteilnehmer mit den Kindern klarkommen? Reicht die Zeit aus? Was wäre, wenn…..

Aber irgendwie ist das bei mir jedes Mal so, bei jeder großen Veranstaltung auch bei uns im Museum bin ich furchtbar nervös, und hier kamen noch viel mehr Unwägbarkeiten hinzu.

Aber was soll ich sagen? Alles hat ganz wunderbar geklappt, es war ein toller Tag, alle waren hochzufrieden!

Um 9 Uhr sollte der Spaß beginnen, wir waren mit voll gepackten Taschen schon um kurz nach halb 9 da und haben auf unseren 5 Stationen alles verteilt. Die Stationen hatte ich im Vorherein festgelegt nach den Objekten, die wir im Kurs intensiv durchgesprochen haben, so daß auch jeder etwas fachlich dazu sagen konnte. Im Einzelnen waren es diese Objekte:

(beim Hochladen der Bilder fällt mir auf, daß ich Nummer 5, das meroitische Königspaar, gar nicht abgelichtet habe…)

Zu jedem Objekt gehörte auch noch eine praktische Arbeit. Bei Chephren wurde ein kleines Diorama angefertigt, beim kuschitischen Prinz wurde Senet gespielt, beim Schreiber natürlich in Hieroglyphen geschrieben, bei der Kniestatue wurde eine Löwenmaske angefertigt und beim meroitischen Königspaar Pektorale gebastelt. Thematisch passte beides nicht immer unbedingt zueinander, aber irgendwo muß man in der Kürze der Zeit Abstriche machen.

Am Donnerstag schon hatten sich meine Teilnehmer auf die einzelnen Stationen eingeteilt, es waren jeweils 3 und einmal 2, pro Station waren 10 Kinder vorgesehen, es waren also genügend Betreuer da. Es war mir wichtig, zunächst nur in kleinen Gruppen und nur kurze Zeit zu arbeiten, denn für einige war es ja wirklich das erste Mal, daß sie Fakten an eine Kindergruppe vermitteln und dann auch noch mit ihnen basteln durften.

Sie kommen!
Sie kommen!

Alle waren pünktlich da, überpünktlich für die hiesigen Verhältnisse und waren sehr gespannt und voller Vorfreude. Auch die erste Schulklasse kam pünktlich, wurde gleich im Foyer eingeteilt und dann Gruppe für Gruppe mit hinunter ins Museum genommen.

Die Kursteilnehmer (boah, gibt’s da kein andres Wort für? Ich will auch nicht „meine Ägypter“ sagen, ist ja auch doof 😉 ) haben sich abgewechselt und immer einzelne Aspekte der Objekte nacheinander vorgestellt. Sie haben das angenommen, was ich ihnen vorgestellt habe. Es war kein üblicher Frontalunterricht, sondern sie haben Fragen gestellt, haben die Kinder ernst genommen, sich zu ihnen auf den Boden gesetzt.

Einsatz! (Foto: Johanna Sigl)
Einsatz! (Foto: Johanna Sigl)

Da wurden Statuen nachgestellt, da wurde geklatscht und gelobt und gelacht. Es war so wunderbar und ich bin unglaublich stolz auf alle. Und auch die Kinder haben toll mitgemacht! Nebenher wurde immer geholfen und aufgeräumt beim Basteln und ratzfatz war die erste Stunde rum und die erste Gruppe fertig. Zwei blieben unten an der Station und haben alles für die nächste Runde vorbereitet, einer brachte die erste Gruppe nach oben. Die Kinder haben von uns noch ein paar Bonbons und Kugelschreiber bzw. Radierer geschenkt bekommen und gleich stand schon die zweite Schule bereit und die nächsten Zehnergruppen wurden mit heruntergenommen.

Auch die zweite Runde hat genauso gut geklappt wie die erste – es wurde etwas variiert: die einen hatten sich zuviel am Objekt aufgehalten, dadurch wurde dann das Basteln etwas hektisch, bei anderen war es andersherum. Die Kursteilnehmer haben sich also auch selbst reflektiert und selbsttätig geschaut, wo sie besser werden konnten – mir ging echt das Herz auf! Und dann fragten sie mich auch zwischendurch immer wieder „Ist es ok so?“, „Bist du zufrieden?“

Oh, und wie ich zufrieden bin!

Um 11 Uhr sollte die nächste Klasse kommen. Einige Kursteilnehmer hätten lieber Pause gemacht – es ist doch sehr anstrengend, zumal, wenn man sonst den ganzen Tag meist Tee trinkend im leeren Büro sitzt (ja, es ist leider wirklich so!). Die Pause gab es dann doch, auch wenn sie eigentlich nicht vorgesehen war, denn die Gruppe hatte 40 min Verspätung. Die letzte Schule, die um 12 Uhr eingeplant war, kam dafür etwas früher, nämlich gleichzeitig mit der verspäteten, war dafür aber nicht ganz so groß. Wir haben also einfach auf 2 Stationen 25 Kinder verteilt und auf 3 Stationen 10 Kinder und schon passte es, auch wenn bei der Fülle der Kinder einige etwas ins rotieren geraten sind. Aber auch das ist ein Lerneffekt, genauso wie „Mein Kleber ist alle, wo haben wir noch?“, „Wir brauchen mehr Buntstifte!“.

Um kurz vor 13 Uhr waren wir dann auch mit der letzten Gruppe fertig, die Kursteilnehmer waren ebenfalls fertig. Geschafft, aber glücklich, mit dem ein oder anderen Überrest von Glitter Glue im Gesicht, Papierschnipsel, die sich über das Museum verteilt haben, aber selbst der Museumsdirektor meinte zum Schluß, daß es schon lange nicht mehr so lebhaft im Museum gewesen wäre. Check!

Jeder Kursteilnehmer hat dann noch ein „Certificate of Participation“ bekommen, ich darf noch einen Report für die Antikenverwaltung, das Museum und das Ministerium verfassen, der Abschied war fast tränenreich, wir hoffen, das wir dies oder einen ähnlichen Kurs in Zukunft einmal wieder durchführen können!

Die Teilnehmer am Kurs "Museum Education" (Foto: Johanna Sigl)
Die Teilnehmer am Kurs „Museum Education“
(Foto: Johanna Sigl)

Und ich werde jetzt den Nachmittag damit verbringen, die vergangenen Tage schriftlich aufzuarbeiten. Morgen geht es mit auf die Grabung nach Deir Anba Hadra und am Dienstag schon wieder nach Hause und 14 Tage Ägypten sind schon fast vorbei 😦

2 Gedanken zu „Das Finale – Assuan, Tag 10“

  1. Nach allem Dafürhalten haben Sie ein wichtiges und tolles Stück Arbeit absolviert. Ich kann nur hoffen dass Sie verstehen, dass Sie einigen Leuten ein Stück ihrer eigenen Heimat und den Stolz darauf geschenkt haben. Was ich lese, begeistert mich daher doppelt. Kindern Geschichte nahezubringen, ist eine Herausforderung – ägyptischen Kindern ägyptische Geschichte nahezubringen ein Segen für einen selbst dazu!

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    1. Danke fürs Lob, dem kann ich nur zustimmen. Sich des eigenen kulturellen Erbes bewußt zu sein und es wertzuschätzen ist unglaublich wichtig, hier im ägyptisch-nubischen Grenzgebiet noch viel mehr und ich hoffe, daß dies nur der Beginn der Arbeit war und ich wiederkommen darf. Mir hat dieses Projekt unglaublich viel Spaß gemacht und wenn ich ein klein wenig etwas bewirkt habe, dann ist dies mein bester Lohn!

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