Ägyptologie, Museum

Und das kann man lesen…?

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Diese Frage hören wir im Museum immer wieder, wenn es um die mannigfachen Inschriften der alten Ägypter geht.

Ja, man kann. Es ist eine Sprache wie alle anderen auch, sie hat Buchstaben, Wörter, Grammatik und hat eine unglaubliche Vielfalt an literarischen Werken hervorgebracht.

Auch wenn die altägyptische Schrift aus kleinen Bildern besteht, ist sie keine Bilderschrift, wie oftmals behauptet wird. Ich kann sie nicht lesen wie einen Rebus. Doch zunächst noch einige Worte vorweg.

Die altägyptische Schrift wird „Hieroglyphen“ genannt. Hieroglyphen stammt aus dem griechischen und bedeutet zu deutsch „heilige Einritzungen“.
In Altägypten wurde die Sprache bezeichnet als medu-netscher „Gottesworte“, die Schrift sesch en medu-netscher „Schrift der Gottesworte“.

Erste Hieroglyphen tauchten ab etwa 3500 v. Chr. auf. Sie dienten zunächst dazu, den Inhalt von Gefäßen und deren Besitzer zu bezeichnen. Nach und nach wurde die Schrift auch für andere Bereiche des Lebens verwendet. Längere Inschriften sind ab der 3. Dynastie (um 2600 v. Chr.) belegt.

Beschrieben wurde alles, was Schrift tragen konnte, sei es Papyrus, Ostraka (Kalkstein- oder Keramikscherben), Architektur oder Gebrauchsgegenstände.

Neben den eigentlichen Hieroglyphen gab es noch weitere Schriftsysteme: Hieratisch, Kursivhieroglyphen, Demotisch und später Koptisch. Den Unterschied zwischen den einzelnen Schriftsystemen kann man sich einfach merken: Hieroglyphen waren die „Druckbuchstaben“, Hieratisch und Demotisch waren die „Schreibschrift“. Kursivhieroglyphen stehen zwischen Druck- und Schreibschrift.
Koptisch war die altägyptische Sprache mit griechischen Buchstaben (und einigen Zusatzzeichen aus dem Demotischen) geschrieben.

Im Gegensatz zu unseren „nur“ 26 Buchstaben des Alphabetes gibt es viel mehr Hieroglyphen – etwa 750 bis 1000. Ab der ptolemäischen Zeit (300 v. Chr.) werden es bis zu 5000, wobei manche Zeichen jedoch nur vereinzelt auftauchen.

Auch wenn die Schriftzeichen zunächst aussehen mögen wie Bilder, so handelt es sich doch um Buchstaben. Man kann die Inschriften also problemlos lesen.  Wenn man es kann….;)

Die Ausrichtung der Zeichen ist variabel, sie können von rechts nach links oder von links nach rechts geschrieben sein. Sie sind immer von oben nach unten orientiert, können allerdings in waagerechten Zeilen nebeneinander oder in senkrechten Spalten untereinander orientiert sein. Um die Lesrichtung festzustellen, schaut man sich die Orientierung der Zeichen an – am besten sucht an sich menschen oder Tiere in den Inschriften – und liest den Zeichen „ins Gesicht“.  Schauen die Tiere nach rechts, fängt man rechts an zu lesen. Schauen sie nach links, dann beginnt man links.

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Im Ägyptischen gibt es keine Satzzeichen oder Wortzwischenräume, es wurde Wort an Wort geschrieben. Desweiteren gibt es in der ägyptischen Schrift keine Vokale. Geschrieben werden nur Konsonanten (ähnlich wie heute im Hebräischen oder Arabischen).

Wie kommt es aber nun zu der großen Anzahl an Zeichen? Es kann ja schlecht jedes einen anderen Laut verkörpern.

Es gibt unterschiedliche Hieroglyphengruppen:

  • Einkonsonantenzeichen: Ein Zeichen verkörpert einen Buchstaben.
  • Mehrkonsonantenzeichen: Ein Zeichen verkörpert eine Buchstabenfolge, vergleichbar mit einer Silbe.
  • Begriffszeichen (Semogramme): Ein Zeichen steht für ein ganzes Wort.
  • Deutzeichen (Determinative): Diese Zeichen werden nicht gelesen, sondern kennzeichnen zum einen ein Wortende und ordnen zum anderen das Wort einem Wortfeld zu; sie geben also einen Hinweis auf die Bedeutung des Wortes.

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Die Eule steht für den Buchstaben „m“, die Binse für die Lautfolge „sw“, die Fahne für das Wort „Gott“ und die Stadt (Ringmauer und zwei sich kreuzende Straßen) für ein Wort, daß etwas mit einer Ansiedlung zu tun hat.

Um diese vokallose Schrift überhaupt aussprechbar zu machen, greifen die Ägyptologen zu einem Trick. Manche der eigentlichen Konsonanten werden wie Vokale ausgesprochen: w wie u, j wie i.
Wenn keine solchen Zeichen da sind, wird zwischen die einzelnen Konsonanten ein „e“ eingefügt. Das heißt für uns aber auch, das wir eigentlich gar nicht wissen, wie das altägyptische ausgesprochen geklungen hat! Einige wenige Worte/Namen kann man rekonstruieren, für die ganze Sprache an sich ist das allerdings unmöglich.

Soviel für heute – seid ihr interessiert an einer Fortsetzung? Ich freue mich über eure Kommentare!

 

6 Gedanken zu „Und das kann man lesen…?“

  1. Bitte gerne mehr! Erinnert mich daran, dass ich vor einiger Zeit selbst mal eine kleine Grammatik angefangen hatte, etwas verständlicher als unser wissenschaftliches Handwerkszeug. Oder ich mache doch mal noch aus der Not eine Tugend und programmiere eine Art interaktives Hieroglyphen-Lern-Werkzeug. 🙂

    Aber auf jeden Fall weiter machen. Immer wieder schön, wenn Jung und Alt merken, wie umfangreich die ägyptische Sprachwelt tatsächlich war! 🙂

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